Andreas Jung Bundestagskandidat Radolfzell

1.) Die Bedeutung des Wissens als Wettbewerbsfaktor fuer Unternehmen und Volkswirt-schaften sowie als ganz persoenliche Zukunftsressource jedes Menschen kann gar nicht hoch genug eingeschaetzt werden. Deutschland soll, wie im Regierungsprogramm der Union dargestellt wird, ein Land der Ideen werden. Nur neue Ideen schaffen neue Produkte und bringen neue Arbeitsplaetze. Forschung und Innovation stehen deshalb am Anfang des gemeinsamen Regie-rungsprogramms von CDU und CSU. Das zeigt den herausragenden Stellenwert, den diese Themen fuer die Union einnehmen. CDU und CSU wollen Forschung und Innovation in Deutschland wieder konsequent foerdern. Die Regelung des geistigen Eigentums ist dabei von zentraler Bedeutung und steht im di¬gitalen Zeitalter vor neuen Herausforderungen, denen auch der Gesetzgeber bei der laufenden Novellierung des Urheberrechts gerecht werden muss.

2.) So wie es dem Schutz des materiellen Eigentums bedurfte, um die Industrieproduktion anzukurbeln, bildet in der Wissensgesellschaft der hinreichende Schutz geistigen Eigentums ein wesentliches Fundament fuer eine gewinnbringende Nutzung und damit die kuenftige oekonomische Entwicklung unseres Landes. Eine gesetzliche Regelung, die das Open-Access-Prinzip zur Pflicht erhebt, wird es mit der Union nicht geben. Im Mittelpunkt steht der Urheber mit seinem Werk. Daher soll er selbst die Entscheidung in der Hand behalten, wie er sein Werk veroeffentlicht sehen moechte. Zwischen Urhebern, den Inhabern und Verwertern von Rechten und den Nutzern urheberrechtlicher Inhalte muss ein fairer Interessenausgleich stattfin-den.

3.) Die Steigerung der Attraktivitaet von Bibliotheken ist nicht Aufgabe des Urheberrechts. Das Urheberrecht schuetzt die Interessen des Urhebers und damit auch sein Interesse an der Verwertung seines Werkes. Diese muessen mit den Interessen der Leser abgewogen werden. Eine ausreichende Literatur- und Informationsversorgung fuer die wissenschaftliche Arbeit ist fuer die Attraktivitaet des Hochschul- und Forschungsstandorts Deutschland von zentraler Bedeutung. Dies spiegelt sich beispielsweise auch darin, dass bei Evaluationen, Rankings und Standortvergleichen die angemessene Ausstattung der Hochschulen und Forschungseinrichtungen im Bereich der Literatur- und Informationsversorgung als Kriterium zunehmend mit herangezogen wird. Dabei ist zu sehen, dass Mittel fuer die Literatur- und zur Informationsbeschaffung, Bestandteile des jeweiligen Hochschuletats sind. Inwieweit eine Hochschule hier ihre Mittel kuerzt oder verstaerkt, liegt somit in ihrem eigenen Ermessen. Auf Draengen unionsgefuehrter Laender wurde im Rahmen der Exzellenzinitiative beschlossen, dass erstmals ein zwanzigprozentiger Ersatz fuer Overhead-Kosten gewaehrt werden kann. Damit werden die Hochschulen im Zentralbereich entlastet. Fuer andere Bereiche stehen entsprechend mehr Mittel zur Verfuegung. Die Zielsetzung von CDU und CSU, die Investitionen in Forschung und Entwicklung zusaetzlich zur Exzellenzinitiative um eine Milliarde Euro zu erhoehen, wird weitere finanzielle Freiraeume schaffen, ebenso wie die Einfuehrung von Studienbeitraegen an den Hochschulen.

4.) DRM-Systeme bieten verschiedene Verwertungsmoeglichkeiten an, die auf den Kaeufer zugeschnitten werden koennen. Demnach kann der Einsatz von DRM-Systemen mehr Gerechtigkeit in die Verguetungsstruktur bringen, als dies bei Pauschalverguetungssystemen der Fall ist. Es kommt entscheidend auf den Nutzungsvorgang an. DRM-Systeme senken die zu zahlenden Pauschalverguetungen und kommen damit auch dem Wissenschaftsbereich zugute. Damit bringen DRM-Systeme an anderer Stelle auch wiederum eine finanzielle Entlastung.

5.) § 52a UrhG enthaelt eine Schranke des Rechts der oeffentlichen Zugaenglichmachung fuer Unterricht und Forschung. Bereits veroeffentlichte Werke sollen Schuelern, Studenten und Wissenschaftlern, etwa in einem Intranet, zugaenglich gemacht werden koennen, ohne dass eine Genehmigung des Urhebers erforderlich ist. Zudem eroeffnet das bestehende Zitierrecht ausreichende Moeglichkeiten, Werke oeffentlich zugaenglich zu machen. Gleichfalls sind die Folgen auf dem Primaermarkt (Schulbuch- und Wissen-schaftsverlage) nicht ausser Acht zu lassen, die in letzter Konsequenz wohl zu erheb-lichen Arbeitsplatzverlusten fuehren duerften.

6.) Urheberrecht ist Persoenlichkeitsrecht und dabei soll es auch bleiben. Es muss natuerlich einen Ausgleich zwischen Urheber- und Verwerterinteresse geben. Gerade fuer ein bodenschatzarmes Land wie Deutschland ist Wissen und Kreativitaet ein wichtiges Gut, um in der Konkurrenz anderer Volkswirtschaften bestehen zu koennen. Daher muss der Gesetzgeber Regelungen finden, die eine vernuenftige wirtschaftliche Verwertung von Werken ermoeglichen. Auch nur unter diesen Voraussetzungen profitiert der Urheber selber von der Verwertung.

7.) Bildung gehoert zu den Kernaufgaben einer demokratischen Gemeinschaft und darf nicht ausschliesslich wirtschaftlichen Gesichtspunkten untergeordnet werden. Die Struktur des oeffentlich finanzierten Bildungssystems in Deutschland ist deshalb grundsaetzlich zu schuetzen. Die Moeglichkeit fuer deutsche Bildungseinrichtungen im Ausland taetig zu werden, ist genauso zu begruessen wie auslaendische private Bildungsangebote in Deutschland, wenn sie vom Staat ueberpruefte Qualitaetsstandards erfuellen. Die Sicherstellung eines solchen Qualitaetsstandards im Bildungswesen bei in- und auslaendischen Anbietern gehoert zum Kernbereich der staatlichen Daseinsvorsorge. Die von den Laendern und dem Bund wahrgenommene oeffentliche Aufsicht ueber das Bildungswesen muss erhalten bleiben und darf durch das GATS-Abkommen nicht beeintraechtigt werden.

8.) Jede Volkswirtschaft wird dauerhaft von einem effektiven Schutz geistigen Eigentums pro¬fitieren. Das gilt auch fuer die Entwicklungslaender. Geistiges Eigentum stellt, nicht nur, aber eben auch ein Wirtschaftsgut dar. Es ist nicht erkennbar, welchen Vorteil die Entwicklungslaender aus einem fehlenden Urheberrecht ziehen sollten. Davon un-betroffenen muss der Transfer von Wissen als wesentlicher Hebel der wirtschaftli-chen Entwicklungszusammenarbeit erhalten und intensiviert werden.