Pressemitteilung 01/07
vom 01. Februar 2007
Mit öffentlichen Mitteln geförderte Forschung muss schnell frei zugänglich sein
Das Aktionsbündnis "Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft" hat sich
mit einem Anschreiben an den Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags
gewandt, um in die Pattsituation bei einer Kontroverse zwischen
Bundesregierung und Bundesrat wieder Bewegung zu bringen. Der
Rechtsausschuss muss sich in den nächsten Wochen auf einen Vorschlag an
den Bundestag zur Novellierung des Urheberrechts verständigen und dabei
sicher auch auf die Kontroverse eingehen. Der Bundesrat hatte im letzten
Jahr zum Entwurf der Bundesregierung, das Urheberrecht erneut an die
Bedingungen der Informationsgesellschaft anzupassen, Stellung bezogen
und die Bundesregierung, neben anderen Vorschlägen, aufgefordert, durch
eine Erweiterung des § 38 UrhG dafür zu sorgen, dass der freie Zugang
auf mit öffentlichen Mitteln erstellte Forschungsergebnisse erleichtert
und verbindlicher wird.
Der jetzige § 38 UrhG sieht vor, dass Autoren wissenschaftlicher
Arbeiten, vor allem in Zeitschriften, das Recht eingeräumt wird, dass
sie 12 Monate nach der Erstpublikation in einem kommerziellen Journal
wieder über ihre Arbeiten frei (aber nicht in kommerzieller Absicht)
verfügen können, es sei denn, was aber eher bislang der Normalfall war,
dass ihnen dieses Recht über vertragliche Vereinbarungen quasi abgekauft
wurde. Der Bundesrat wollte nun die Frist auf 6 Monate verkürzt sehen
und gleichzeitig dafür sorgen, dass dieses Recht der Autoren absolut
gilt, also nicht mehr, wie es die Juristen formulieren, durch Verträge
abbedungen werden kann. Eine Verkürzung der Frist ist sinnvoll, da die
ersten Monate nach einer Publikation für Zitierungswahrscheinlichkeit
und dem darauf folgenden Impact-Faktor entscheidend sind. Die
Bundesregierung hatte diesen Vorschlag in ihrer Entgegnung auf die
Bundesratsstellungnahme zum Regierungsentwurf zurückgewiesen, weil sie
zum derzeitigen Zeitpunkt keinen Handlungsbedarf sah. Dadurch ist die
jetzige Pattsituation entstanden.
Das Aktionsbündnis unterstützt den Vorschlag des Deutschen Bundesrats,
durch eine Erweiterung des § 38 des Urhebergesetzes diese
6-Monate-Verpflichtung rechtlich verbindlich abzusichern. Zwar gestehen
heute schon die meisten großen internationalen Verlage eine, sogar oft
schon parallele Sekundärverwertung durch die Autoren unter besonderen
Bedingungen zu, aber eine rechtliche Verankerung schafft
Verbindlichkeiten, da ja nun das Recht nicht mehr abbedungen werden
kann. Darüber hinaus würde mit der Modifikation von § 38 UrhG auch ein
längst fälliges politisches Signal gesetzt, denn die Zweitverwertung
innerhalb der 6 Monate - je nach Fachgebiet sollte das sogar kürzer sein
- könnte nur in Richtung freier Nutzung, also in Richtung Open Access
gehen. Eine erneute kommerzielle Nutzung wäre für die Autoren nicht
möglich. Open-Access-Publikationen sind grundsätzlich für die Nutzung
frei (kostenlos), die Kosten für die Bereitstellung der Publikationen in
Open-Access-Archiven (sogenannten institutional repositories) müssen die
Autoren bzw. ihre Institutionen oder die Bibliotheken tragen. Durch
diese Regelung würde bekräftigt, dass mit öffentlichen Mitteln
geförderte Forschung, unbeschadet der Möglichkeit, daraus kommerzielle
Produkte zu machen, in den öffentlichen Raum gehört und damit frei
nutzbar ist. Dies kommt nicht zuletzt auch der Wirtschaft entgegen, die
daraus ihren Innovationsbedarf besser und schneller decken kann.
Die Forderung des Bundesrates und die Unterstützung durch das
Aktionsbündnis sind auch im europäischen Kontext zu sehen. Aktuell ist
eine Petition an die Europäische Kommission ins Netz gestellt, mit der
diese aufgefordert wird, sich darum zu kümmern, dass die Empfehlungen
einer von ihr beauftragten Studie zur ökonomischen und technischen
Entwicklung des Marktes für wissenschaftliche Publikationen in Europa
von 2006 umgesetzt werden. Die Studie kann eingesehen werden unter:
http://ec.europa.eu/research/science-society/pdf/scientific-publication-
study_en.pdf. Insbesondere sei es vordringlich, für die Umsetzung der
Empfehlung A1 zu sorgen, durch die der Zugriff auf mit öffentlichen
Mitteln produziertes Wissen, wo immer auch das zunächst publiziert
wurde, spätestens nach 6 Monaten frei verfügbar sein soll. Diese
Petition (unter http://www.ec-petition.eu/) wurde
innerhalb weniger Tage von vielen tausend Personen und Institutionen aus
aller Welt unterzeichnet und wird in Deutschland unter anderem auch von
der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gesponsert, die sich seit
geraumer Zeit für Open-Access-Publikationen einsetzt, nicht zuletzt auch
bei Projekten, die von der DFG finanziert werden. Ähnliche Forderungen
sind weltweit erhoben bzw. umgesetzt worden, so z.B. von den National
Institutes of Health (NIH) in den USA oder von Wellcome Trust in
England, beide Institutionen mit vielen $ Milliarden Fördermitteln.
Das Aktionsbündnis hat in seinen Anschreiben an den Rechtsausschuss des
Deutschen Bundestags darauf hingewiesen, dass mit der vorgeschlagenen
Erweiterung des § 38 des Urhebergesetzes keine Verletzung von
Richtlinienvorgaben aus der EU und auch sonst kein Verstoß gegenüber
internationalen Urheberrechtsvereinbarungen erkennbar ist. Weitere
juristische Arbeit ist nicht erforderlich, der Vorschlag des Bundesrats
liegt auf dem Tisch.
Das Aktionsbündnis hat an sich weitergehende Vorstellungen bezüglich der
Rechte der Autoren an ihren Werken und des Rechts der Öffentlichkeit, so
schnell wie möglich freien Zugang zu den Ergebnissen der mit
öffentlichen Mitteln unterstützten Forschung zu erhalten (vgl.
http://www.urheberrechtsbuendnis.de/pressemitteilung0606.html). Aber
gegenwärtig ist der Vorschlag des Bundesrats die pragmatische und
aussichtsreiche Antwort auf die Herausforderung, Wissen öffentlich
zugänglich zu machen und gleichzeitig der Informationswirtschaft nicht
die kommerzielle Verwertung von Wissen zu untersagen.
Rainer Kuhlen
Sprecher des Aktionsbündnis ,,Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft"
Das Aktionsbündnis ,,Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft"
(http://www.urheberrechtsbuendnis.de/) wurde 2004 im Zusammenhang mit
der Novellierung der Urheberrechtsgesetzgebung in Deutschland
gegründet. Das Aktionsbündnis setzt sich für ein ausgewogenes
Urheberrecht ein und fordert für alle, die zum Zweck von Bildung und
Wissenschaft im öffentlichen Raum tätig sind, den freien Zugang zur
weltweiten Information zu jeder Zeit von jedem Ort. Grundlage des
Aktionsbündnisses ist die Göttinger Erklärung zum Urheberrecht für
Bildung und Wissenschaft vom 5. Juli 2004. Diese Erklärung wurde
unterzeichnet von sechs Mitgliedern der Allianz der
Wissenschaftsorganisationen (Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der
angewandten Forschung e.V., Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher
Forschungszentren e.V., Hochschulrektorenkonferenz,
Max-Planck-Gesellschaft, Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm
Leibniz e.V. und Wissenschaftsrat), von über 320 wissenschaftlichen
Fachgesellschaften, Informationseinrichtungen und Verbänden sowie von
mehr als 5.100 Einzelpersönlichkeiten. Sprecher des Aktionsbündnis sind
Prof. Kuhlen (Konstanz), Prof. Beger (Hamburg), Dr. Degkwitz
(Cottbus). Weitere Informationen über Nachfrage an: rainer.kuhlen at
uni-konstanz.de, beger at sub.uni-hamburg.de und degkwitz at
tu-cottbus.de
Impressum
Prof. Dr. Rainer Kuhlen
c/o Universität Konstanz
Postfach D-87
D-78457 Konstanz
Tel +49-(0) 7531-88-2879 Fax +49-(0) 7531-88-2048
rainer.kuhlen at uni-konstanz.de www.urheberrechtsbuendnis.de
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Next Relevant Dates |
6. November 2020
Jahrestagung des Aktionsbündnisse (online)
Ein Status-Überblick zum Urheberrecht — national und in Europa
Programm und Anmeldung
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News |
April 6th 2021
The coaltion of action takes a position on the "draft law to adapt copyright law to the requirements of the digital single market".
Opinion of April 6, 2021 on the Draft Law.
Opinion of Februar 22, 2021 on the Draft Law.
Opinion of November 6, 2020 on the Draft Bill.
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October 7th 2020
Published by de Gruyter:
Rainer Kuhlen, „Die Transformation der Informationsmärkte in Richtung Nutzungsfreiheit — Alternativen zur Als-ob-Regulierung im Wissenschaftsurheberrecht“.
Online unter DOI: 10.1515/9783110693447
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February 28th 2018
UrhWissG comes into force — not a big progress, but greater legal certainty and some improvements
(Press Release)
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November 20th 2017
All presentations given at our anual meeting on November 8, 2017 are available online:
(Presentations).
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June 7th 2017
The copyright reform (UrhWissG) was passed — facilitation, but no reason to cheer
(Press Release)
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June 26th 2017
An appeal to the German Bundestag: The UrhWissG has to be passed without restrictions within this legislative period.
The Coalition for Action calls on the two chairmen of the CDU/CSU and of the SPD, Volker Kauder and Thomas Oppermann,
to release the governmental draft for the German Copyright Act for the vote in the Bundestag, and then
we call the members of the Bundestag to eatablish the law without restrictions.
(Press Release)
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May 22nd 2017
FAZ, you can not win this fight — distorted journalism in terms of copyright by publisher and managing director of FAZ newspaper
The action alliance criticizes the open letter of the editors and managing directors to the German Bundesrat of 12.5.2017 and of the 18.05.2017 to the deputies of the German Bundestag.
Through these letters the "makers" of the newspaper try to exert pressure on the legislature. This behavior can only be described as unusual and extremely dubious.
(Press Release)
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May 10th 2017
Der Bundesrat sollte sich nicht von den Untergangsszenarien des Börsenvereins blenden lassen.
Wir haben in einer Stellungnahme an den Bundesrat diesen aufgefordert, den Gesetzesentwurf zum
„Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz — UrhWissG“ anlässlich seiner Plenarsitzung am
12. Mai 2017 nicht aufzuhalten, sondern im Prinzip zu unterstützen.
(Press Release).
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April 27th 2017
Die Zeit drängt: Bildung und Wissenschaft brauchen eine Reform des Urheberrechts!
Wir unterstützen weiter den vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf für eine Reform des Urheberrechts, jedoch
bedauern wir die Verschlechterungen des Regierungsentwurfs im Vergleich zum Referentenentwurf.
(Press Release)
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February 14th 2017
We make you aware that on the website
www.publikationsfreiheit.de is being tried, to manipulate
the public and in particular the authors in education and science with incorrect claims in favor of
publishers' interests.
(Press Release).
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January 24th 2017
The way has not yet come to an end — but the direction is right
The Coalition for Action sees in the draft bill for a "Copyright Law Knowledge Society Act —
UrhWissG" from the ministry for justice an important step in the direction of an education and science-friendly copyright law.
(Press Release)
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December 21st 2016
The road to the One General Exception for Education and Research (ABWS) should now be free now & mdash; Go ahead, Minister Maas!
(Press Release).
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December 15th 2016
KMK, VG Wort and HRK must finally create clarity
The joint press release of KMK, VG Wort and HRK from 9 December 2016 is a source of uncertainty and confusion in the universities.
What should actually be done with the electronic semester apprentices from 1 January 2017? Further is currently
deleted or placed texts invisible. There is a need for action!
(Press Release)
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December 12th 2016
And they seem to still be able to move - KMK and VG-Wort. And the university rector conference (HRK) is now on board.
However, the transitional regulation from the beginning of 2017 is still unclear.
Debt to the present obvious disaster around the framework
contract to § 52a UrhG is ultimately the intolerable delay tactics of the policy.
(Press Release).
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November 23rd 2016
Folder with our recommendations for dealing with the framework contract between KMK and VG-Wort to § 52a UrhG has been published.
(Press Release)
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November 16th 2016
Offener Brief an den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas: „Bitte lassen Sie den Schleier von
diesem verdeckten Objekt [dem Entwurf einer Bildungs- und Wissenschaftsschranke im Urheberrecht] wegreißen!
Der Öffentlichkeit ist das Spiel mit Andeutungen nicht länger zuzumuten.“
(Letter).
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older news is available from our archive |
Publications |
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All presentations given at our anual meeting von November 8, 2017 are online available:
-
Was wissen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
über ihre Urheberrechte,
wie handeln sie, und was wünschen sie?
- Studie im Auftrag des Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft e.V.
-
Folder with our recommendations for dealing with the framework contract between KMK and VG-Wort to § 52a UrhG
- Version: 22 November 2016
- Format: A4 duplex
-
Folder on our Current Demands
- Version: August 2015
-
Folder on a Comprehensive Copyright Clause in Support of Education and Science
- Version: August 2015
-
Folder on the Right for a Second Publication for Scientific Articles
- Version: July 2015
-
Information als Vitamin für Innovation: Schranken oder Lizenzen für Forschung und Lehre?
- Compilation for the annual meeting on October 10, 2013
-
Breite Unterstützung für eine umfassende Verbesserung des Urheberrechts für Bildung und Wissenschaft
- Evaluation of a survey and policy implications, September / October 2011
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Relevant Links |
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IUWIS
project is developing a social networking for the topic of copyright in
education and research.
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