Das Aktionsbündnis kritisiert den offenen Brief der Herausgeber und Geschäftsführer der FAZ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) an den Bundesrat vom 12.5.2017
und den vom 18.05.2017 an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Durch diese Schreiben versuchen die
„Macher“ des Blattes Druck auf die
Gesetzgebungsorgane
auszuüben. Dieses Verhalten kann man
gelinde gesagt nur als ungewöhnlich und äußerst bedenklich bezeichnen. Leider entfernt sich die FAZ, zumindest
bei Themen des Urheberrechts, schon seit einigen Jahren von dem Vorbild eines unabhängigen und sorgfältiger
Recherche verpflichteten Journalismus. Herausgeber und Geschäftsführer sind nun soweit gegangen, dass sie mit
wahrheitswidrigen Behauptungen argumentieren. Merkwürdig, dass es offensichtlich keinen Fakten-Check
mehr in der FAZ gibt. Das Aktionsbündnis sah sich bereits durch den ersten offenen Brief der FAZ veranlasst,
einen Leserbrief an sie zu schicken. Dieser Leserbrief wurde bislang nicht veröffentlicht. Aufgrund der Kampagne
vom 18.05.2017 ist er aktueller denn je!
Leserbrief an die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vom 12.5.2017
Man kann die FAZ mit Gewinn lesen, in erster Linie wegen der informativen Artikel der Auslandskorrespondenten und denen des Feuilletons. Für die Auseinandersetzung mit dem Urheberrecht trifft das allerdings kaum zu. Nun greifen
auch die Herausgeber und Geschäftsführer der FAZ selber ein, indem sie sich auf S. 5 der Ausgabe vom 12.5.2017 mit einem offenen Brief an den Bundesrat gewendet haben, damit dieser dem aktuellen Gesetzesentwurf für ein neues
Wissenschaftsurheberrecht nicht zustimmen möge.
Auch hier stimmen die vorgebrachten Argumente und die „Tatsachen“ vorne und hinten leider nicht: Beide Abschnitte im offenen Brief erwecken den Eindruck, dass durch neue Paragraphen des Urheberrechts das
Geschäftsmodell und das Archivgeschäft der Zeitungsverlage zerstört würden. Wie falsch können denn solche Behauptungen sein!
Im ersten Punkt wird moniert, dass für Zwecke von Forschung und Lehre u.a. ganze Zeitungsartikel genutzt werden dürfen. Das ist allerdings auch schon seit 2003 bestehendes Recht.
§ 52a UrhG normierte, dass [„… einzelne
Beiträge aus Zeitungen oder Zeitschriften…öffentlich zugänglich gemacht werden dürfen.“].
Eine kommerzielle Nutzung dieser Inhalte war niemals durch das Gesetz vorgesehen. Auch jetzt sind Firmen mit „monothematischem Interesse“, die diese Artikel sicherlich zu kommerziellen Zwecken nutzen wollen, durch
die entsprechenden §§ 60a und 60c und bezüglich des Dokumentversands gar nicht privilegiert.
Der zweite Abschnitt der Anzeige, der die Erweiterung der Rechte der Nationalbibliothek moniert, besteht entweder aus Missverständnissen, Verkürzungen oder sogar gezielten Fehlinformationen. Man braucht nur die zum Glück leicht
verständliche Begründung des Regierungsentwurfs zu § 16a des Gesetzes zur deutschen Nationalbibliothek zu lesen. Es ist offenkundig, dass hierdurch keinesfalls „das Archivgeschäft der Zeitungsverlage“ zerstört
werden soll. Das aufzubauende Zitationsarchiv von Bibliotheken (nicht nur für Zeitungsartikel, sondern auch für Beiträge in den Sozialen Medien) ist für die Wissenschaft wichtig, da nur so Zitate dauerhaft nachprüfbar bleiben.
Bei den relevanten Zeitungsartikeln handelt es sich ohnehin nur um solche, die frei zur Verfügung gestellt wurden.
Sorge die FAZ doch dafür, dass ihre Beiträge in dem hervorragenden FAZ-Archiv dauerhaft zugänglich bleiben. Dann hat die FAZ nichts zu befürchten, denn die Aufnahme in das Zitationsarchiv gilt „nur für den Fall, dass
Inhalte nicht dauerhaft zugänglich sind.“
Zum Glück sind auch Politiker, um einen Ausdruck von Hermann Lübbe zu verwenden, zuweilen „verblüffungsfest“. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 12.05.2017 beschlossen, den Regierungsentwurf für die weitere
parlamentarische Beratung im Bundestag mit Verbesserungsvorschlagen zugunsten von Bildung und Wissenschaft freizugeben.
Prof. Dr. Rainer Kuhlen / Dr. Harald Müller /Ass iur Oliver Hinte
Sprecher des Aktionsbündnisses „Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft“
Die dem Aktionsbündnis „Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft“ zugrunde liegende Göttinger Erklärung wurde seit 2004 von
374 Fachgesellschaften, Verbänden, Institutionen und sechs Einrichtungen aus der Allianz der Wissenschaftsorganisationen sowie 7300
Einzelpersonen unterzeichnet. Das zentrale Ziel der Göttinger Erklärung gilt weiterhin:
In einer digitalisierten und vernetzten Informationsgesellschaft muss der Zugang zur weltweiten Information für jedermann zu jeder Zeit
von jedem Ort für Zwecke der Bildung und Wissenschaft sichergestellt werden!
Aus urheberrechtlicher Sicht soll dieses Ziel durch eine umfassende Bildungs- und Wissenschaftsklausel erreicht werden.
Das Aktionsbündnis stützt sich in seiner Arbeit auf eine 18-köpfige Lenkungsgruppe. Sprecher des Aktionsbündnisses sind derzeit
Prof. Dr. Rainer Kuhlen, Oliver Hinte und Dr. Harald Müller.
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found at IUWIS.