Pressemitteilung 07/12
vom 19. Dezember 2012
Gibt es keine bessere Lösung für die Nutzung elektronischer Materialien an Schulen als jetzt die Einigung zwischen Kultusministerien und verschiedenen Verwertungsgesellschaften?
Zusammenfassung:
Das Aktionsbündnis sieht die Einigung zwischen den Kultusministerien und verschiedenen Verwertungsgesellschaften zur Nutzung elektronischer Materialien an Schulen nicht als Durchbruch, sondern eher als eine, zumal überaus teure Zwischenlösung an. Mit Blick auf das Urheberrecht wäre es im Interesse eines gesamt-volkswirtschaftlichen Nutzens sinnvoller, auf entsprechende Schrankenregelungen als dauerhaft auf Lizenzzahlungen zu setzen. Das Aktionsbündnis stellt die Frage, ob öffentliche Mittel von den Kultusbehörden nicht ergänzend und dann ersetzend zum Aufbau offener Lernplattformen verwendet werden sollten. Die Zukunft liegt in freien Nutzungsmodellen gemäß dem Open-Educational-Resources-Ansatz.
Einigung für die Nutzung elektronischer Materialien an Schulen – kaum ein „Durchbruch”, eher nur eine Zwischenlösung – „Open” ist die Zukunft an Schulen
Das Aktionsbündnis kann sich der
Einschätzung
nicht anschließen, dass die zwischen den Kultusministerien, dem Verband Bildungsmedien sowie der VG Wort, der VG Bild-Kunst und der VG Musikedition getroffenen Einigung als Durchbruch zu werten sei. Nach dieser Lizenzvereinbarung dürfen jetzt Lehrkräfte (an Schulen) aus Printmedien bzw. Unterrichtswerken, die ab 2005 erschienen sind, bis zu 10 Prozent (maximal 20 Seiten) einscannen. Diese Scans dürfen die Lehrkräfte dauerhaft speichern, und diese dürfen auch an die SchülerInnen weitergegeben und nicht nur IM Unterricht, sondern auch zur Vor- Nachbereitung genutzt werden.
Unbefriedigend an der Einigung ist, dass die Nutzung elektronischer Materialien an wissenschaftlichen Einrichtungen (entsprechend § 52a, Abs. 1 UrhG) davon nicht betroffen ist. Hier gibt es weiter keine Einigung über die Vergütung. Unberücksichtigt bleiben offenbar auch (obgleich die entsprechenden Verwertungsgesellschaften beteiligt waren) nicht-textuelle Materialien (Bilder, Videos, Tonaufnahmen), die aber wohl auch in Schulen zunehmend genutzt werden.
Lizenzierungslösungen sind zu teuer und belasten Bund, Länder und Gemeinden – besser wären Schrankenregelungen zugunsten der Nutzung in Schulen
Das Aktionsbündnis kann es nicht für eine im öffentlichen Interesse liegende Lösung ansehen, dass nach dem weiter gültigen früheren
Gesamtvertrag
zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 UrhG von den Ländern 2013 8.5 Millionen Euro und für 2014 9 Millionen Euro gezahlt werden müssen, zumal für wiederum sehr eingeschränkte Leistungen.
Die jetzige Einigung kann nur eine wenig zukunftsweisende Zwischenlösung sein. Die Ministerien werden vermutlich geltend machen, dass eine solche Lizenzierungsregelung jetzt kaum zu vermeiden war. Denn nach dem jetzt gerade für weitere zwei Jahre verlängerten § 52a, Abs. 2, Satz 1 ist die „öffentliche Zugänglichmachung eines für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmten Werkes … stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig”. Das war gewiss eine der vielen unbrauchbaren und realitätsfernen Vorschriften des Urheberrechts, die entsprechend kaum ein Lehrer weder gekannt noch wirklich beachtet haben dürfte (obgleich er sich dann im Illegalen bewegte). Hätten sich die Kulturministerien bzw. der Bundesrat nicht besser darum bemühen sollen, die Nutzung von elektronischen Materialien über eine Schrankenregelung einzufordern als jetzt hohe Kosten für die lizenzierte Nutzung aufzubringen?
Soll wirklich weiter für die Nutzung von Lehrmaterialien mehrfach von der Öffentlichkeit bezahlt werden?
Der entscheidende Einwand gegen eine solche Einigung ist aber ein anderer. Das Aktionsbündnis fragt, ob es wirklich Sinn macht, dass zum einen weiter für die klassischen gedruckten (Schul-)Bücher (von den Ländern, den Schulen oder den Eltern) bezahlt werden soll und dann noch einmal für kleinere, von den LehrerInnen zu digitalisierende Teile aus eben diesen schon bezahlten Büchern? Aus dem Interesse der Verlage mag das sinnvoll sein, aber elektronischen Umgebungen angemessene Geschäftsmodelle sind das zweifellos nicht.
Wären, so fragt der Sprecher des Aktionsbündnisses, Prof. Kuhlen, die vielen Millionen Lizenzgebühren, die Jahr um Jahr gezahlt werden müssen, nicht besser von den Kultusbehörden direkt zum Aufbau offener Lernplattformen zu verwenden? Durch die anhaltenden Lizenzierungszahlungen wird zudem deutlich, dass die stereotype Anmerkung bei einer jeden Urheberrechtsreform „Bund, Länder und Gemeinden werden voraussichtlich nicht mit Kosten belastet” kaum etwas anderes ist als eine Irreführung der Steuerzahler.
Die Zukunft liegt in freien Nutzungsmodellen gemäß dem Open-Educational-Resources-Ansatz.
Befriedigende Lösungen für die informationelle Absicherung der Arbeit an Schulen wird es nach Ansicht des Aktionsbündnisses auf Dauer wohl nur geben, wenn im Rahmen von Open Educational Resources (OER) kollaborativ erstellte, interaktive, multimediale, hypertextuelle, offene und über Clouds orts- und zeitunabhängig gebührenfrei nutzbare Materialien verfügbar sein werden.
Die weitaus größte Anzahl von AutorInnen auch von Schulbüchern steht in öffentlichen Beschäftigungs- und Dienstverhältnissen. Das Aktionsbündnis fragt, ob die Dienstherren über Beschäftigungs- und Dienstverträge und über länderspezifische Nebentätigkeitsverordnungen und Maßnahmen zur Förderung der Karrieren nicht sehr starken Einfluss auf die Art der Produktion von Lehrmaterialien und die Gestaltung von Autorenverträgen nehmen könnten bzw. sollten.
Für das professionelle „Layouten” der Bücher (für print und online-Ausgaben) können erfahrene Dienstleister wie auch die jetzigen Schulbuchverlage gewonnen und diese entsprechend vergütet werden. Aber die Inhalte, die von öffentlich Bediensteten in ihrer Arbeitszeit oder unter Nutzung öffentlicher Ressourcen erstellt werden, sollten Open Access zugänglich sein. Der Verlag sollte bei Lehr- und Lernmaterialien Dienstleister der öffentlichen Anbieter und nicht Rechteinhaber sein.
Wäre es nicht an der Zeit, dass die Kultusministerien sich in großem Stil an die nachhaltige Förderung solcher Lehr- und Lernmaterialien mit informationellen Mehrwerteffekten machen würden als weiter die Schulbuchverlage über obsolet gewordenen Geschäftsmodelle und über hohe Lizenzgebühren zu subventionieren?
Aktionsbündnis „Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft”
V.i.S.d.P. Prof. Dr. Rainer Kuhlen (Sprecher)
The Coalition for Action "Copyright for Education and Research"
(http://www.urheberrechtsbuendnis.de/) was founded in 2004 in connection with
the amendment of copyright legislation in Germany. The Coalition for Action
lobbies for a balanced copyright and demands free access to worldwide
information at any time from anywhere for everybody active in public education
and research. The Coalition for Action is based on the Göttingen Declaration on
Copyright for Education and Research of 5 July 2004. Six members of the alliance
of German research organizations (Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der
angewandten Forschung e.V., Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren
e.V., Hochschulrektorenkonferenz, Max-Planck-Gesellschaft,
Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e.V. and Wissenschaftsrat),
372 learned societies, federations and institutions as well as more
than 7,250 individuals were subscribers to this declaration.
Further information on the topic of a Copyright for Education and Research can be
found at IUWIS.
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Next Relevant Dates |
6. November 2020
Jahrestagung des Aktionsbündnisse (online)
Ein Status-Überblick zum Urheberrecht — national und in Europa
Programm und Anmeldung
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News |
April 6th 2021
The coaltion of action takes a position on the "draft law to adapt copyright law to the requirements of the digital single market".
Opinion of April 6, 2021 on the Draft Law.
Opinion of Februar 22, 2021 on the Draft Law.
Opinion of November 6, 2020 on the Draft Bill.
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October 7th 2020
Published by de Gruyter:
Rainer Kuhlen, „Die Transformation der Informationsmärkte in Richtung Nutzungsfreiheit — Alternativen zur Als-ob-Regulierung im Wissenschaftsurheberrecht“.
Online unter DOI: 10.1515/9783110693447
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February 28th 2018
UrhWissG comes into force — not a big progress, but greater legal certainty and some improvements
(Press Release)
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November 20th 2017
All presentations given at our anual meeting on November 8, 2017 are available online:
(Presentations).
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June 7th 2017
The copyright reform (UrhWissG) was passed — facilitation, but no reason to cheer
(Press Release)
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June 26th 2017
An appeal to the German Bundestag: The UrhWissG has to be passed without restrictions within this legislative period.
The Coalition for Action calls on the two chairmen of the CDU/CSU and of the SPD, Volker Kauder and Thomas Oppermann,
to release the governmental draft for the German Copyright Act for the vote in the Bundestag, and then
we call the members of the Bundestag to eatablish the law without restrictions.
(Press Release)
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May 22nd 2017
FAZ, you can not win this fight — distorted journalism in terms of copyright by publisher and managing director of FAZ newspaper
The action alliance criticizes the open letter of the editors and managing directors to the German Bundesrat of 12.5.2017 and of the 18.05.2017 to the deputies of the German Bundestag.
Through these letters the "makers" of the newspaper try to exert pressure on the legislature. This behavior can only be described as unusual and extremely dubious.
(Press Release)
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May 10th 2017
Der Bundesrat sollte sich nicht von den Untergangsszenarien des Börsenvereins blenden lassen.
Wir haben in einer Stellungnahme an den Bundesrat diesen aufgefordert, den Gesetzesentwurf zum
„Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz — UrhWissG“ anlässlich seiner Plenarsitzung am
12. Mai 2017 nicht aufzuhalten, sondern im Prinzip zu unterstützen.
(Press Release).
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April 27th 2017
Die Zeit drängt: Bildung und Wissenschaft brauchen eine Reform des Urheberrechts!
Wir unterstützen weiter den vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf für eine Reform des Urheberrechts, jedoch
bedauern wir die Verschlechterungen des Regierungsentwurfs im Vergleich zum Referentenentwurf.
(Press Release)
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February 14th 2017
We make you aware that on the website
www.publikationsfreiheit.de is being tried, to manipulate
the public and in particular the authors in education and science with incorrect claims in favor of
publishers' interests.
(Press Release).
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January 24th 2017
The way has not yet come to an end — but the direction is right
The Coalition for Action sees in the draft bill for a "Copyright Law Knowledge Society Act —
UrhWissG" from the ministry for justice an important step in the direction of an education and science-friendly copyright law.
(Press Release)
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December 21st 2016
The road to the One General Exception for Education and Research (ABWS) should now be free now & mdash; Go ahead, Minister Maas!
(Press Release).
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December 15th 2016
KMK, VG Wort and HRK must finally create clarity
The joint press release of KMK, VG Wort and HRK from 9 December 2016 is a source of uncertainty and confusion in the universities.
What should actually be done with the electronic semester apprentices from 1 January 2017? Further is currently
deleted or placed texts invisible. There is a need for action!
(Press Release)
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December 12th 2016
And they seem to still be able to move - KMK and VG-Wort. And the university rector conference (HRK) is now on board.
However, the transitional regulation from the beginning of 2017 is still unclear.
Debt to the present obvious disaster around the framework
contract to § 52a UrhG is ultimately the intolerable delay tactics of the policy.
(Press Release).
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November 23rd 2016
Folder with our recommendations for dealing with the framework contract between KMK and VG-Wort to § 52a UrhG has been published.
(Press Release)
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November 16th 2016
Offener Brief an den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas: „Bitte lassen Sie den Schleier von
diesem verdeckten Objekt [dem Entwurf einer Bildungs- und Wissenschaftsschranke im Urheberrecht] wegreißen!
Der Öffentlichkeit ist das Spiel mit Andeutungen nicht länger zuzumuten.“
(Letter).
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older news is available from our archive |
Publications |
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All presentations given at our anual meeting von November 8, 2017 are online available:
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Was wissen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
über ihre Urheberrechte,
wie handeln sie, und was wünschen sie?
- Studie im Auftrag des Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft e.V.
-
Folder with our recommendations for dealing with the framework contract between KMK and VG-Wort to § 52a UrhG
- Version: 22 November 2016
- Format: A4 duplex
-
Folder on our Current Demands
- Version: August 2015
-
Folder on a Comprehensive Copyright Clause in Support of Education and Science
- Version: August 2015
-
Folder on the Right for a Second Publication for Scientific Articles
- Version: July 2015
-
Information als Vitamin für Innovation: Schranken oder Lizenzen für Forschung und Lehre?
- Compilation for the annual meeting on October 10, 2013
-
Breite Unterstützung für eine umfassende Verbesserung des Urheberrechts für Bildung und Wissenschaft
- Evaluation of a survey and policy implications, September / October 2011
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Relevant Links |
facebook page of the Coalition
IUWIS
project is developing a social networking for the topic of copyright in
education and research.
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