UrhG
Aktionsbündnis
„Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft“
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„Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft“

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Pressemitteilung 01/13
vom 6. März 2013

Viel Essig im Wein des Bundesministeriums der Justiz — Zweitverwertungsrecht: unbedingt ja, aber nicht so

Zusammenfassung: Das Aktionsbündnis hält die Einführung eines Zweitverwertungsrechts für wissenschaftliche AutorInnen für überfällig. Der jetzt vorliegende Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz mit einer Änderung von § 38 des Urheberrechtsgesetzes muss jedoch als missglückt abgelehnt werden – zu viele Einschränkungen wären mit diesem neuen Recht verbunden. Zudem ist der Vorschlag unklar und widersprüchlich formuliert. Ein Ende der Debatte ist leider so nicht abzusehen.

Das Aktionsbündnis setzt sich seit vielen Jahren für ein Zweitverwertungsrecht zugunsten wissenschaftlicher AutorInnen ein. Dieses Recht ist längst überfällig. AutorInnen soll durch eine rechtliche Regelung im Urheberrechtsgesetz zugestanden werden, dass sie über ihre kommerziell erstpublizierten Werke wieder verfügen können. Dass dieses Recht nur für nicht gewerbliche Zwecke wahrgenommen werden darf, leuchtet ein. Für die weiteren Bedingungen, die an dieses neue Recht geknüpft werden sollen, gilt dies aber nicht.

Den vorliegenden Referentenentwurf hat das Ministerium mit der Bitte um Stellungnahme bis zum 06.03.2013 an etwa 200 Personen und Institutionen versandt. Das Aktionsbündnis kommt nicht umhin, diesen Entwurf in der jetzigen Form als missglückt abzulehnen – unter anderem aus folgenden Gründen:

  1. Die Regelung über eine Änderung von § 38 des Urheberrechtsgesetzes soll nur für Zeitschriftenartikel gelten. Sie gilt nicht für Artikel in Tagungsbänden von Konferenzen (proceedings) oder in anderen Sammelbänden, obwohl der Paragraph den Titel „Beiträge zu Sammlungen“ trägt. Konferenzbeiträge sind aber in vielen Disziplinen genauso wichtig wie Zeitschriftenartikel, und auch für sie wird i. d. R. kein Honorar gezahlt.
  2. Das Recht soll nur den Autoren von Werken zugebilligt werden, die zu mindestens 50% mit öffentlichen Mitteln gefördert worden sind. Absurd würde es, wenn damit nur Werke gemeint wären, die aus öffentlich finanzierter Projektforschung entstanden sind – wie es der Börsenverein des Deutschen Buchhandels offenbar gerade noch zugestehen will. Das Recht muss für alle WissenschaftlerInnen gelten, besser noch für alle UrheberInnen.
  3. Das Zweitverwertungsrecht ist nur für die öffentliche Zugänglichmachung (nach § 19a UrhG) vorgesehen. Entsprechend der jetzt vorgesehenen Erweiterung von § 38, Absatz 1, Satz 1 sollte dieses Recht aber auch für vervielfältigen und verbreiten gelten.
  4. Der Zusammenhang von § 38 Absatz 1 mit dem neuen Absatz 4 ist nicht klar. Welcher Absatz gilt: ein Recht für alle Urheber oder eines nur für spezielle (s. Punkt b)? Haben die AutorInnen nur das Zweitverwertungsrecht für die öffentliche Zugänglichmachung wie in Abs. 4 oder haben sie es auch nach Abs. 1? Ist es dort einfach vergessen worden?
  5. Zudem soll offenbar die fatale, 1965 in letzter Minute ins Gesetz aufgenommene Regelung in Abs. 1 fortbestehen, dass das Recht der AutorInnen nur gilt, wenn vertraglich „nichts anderes vereinbart ist“. Im neuen Absatz 4 heißt es aber: „Eine zum Nachteil des Urhebers abweichende Vereinbarung ist unwirksam.“ Was denn nun?
  6. Eine Embargofrist von einem Jahr entspricht kaum den internationalen Gepflogenheiten. Nach einem halben Jahr dürften die Verlage ihre Investitionen im Allgemeinen amortisiert haben.
  7. Das Aktionsbündnis hält die Einschränkung in § 38, Abs. 4, das publizierte Werk bei einer Zweitverwertung „in der akzeptierten Manuskriptversion“ zu verwenden, für überflüssig und schlägt vor, diesen Passus zu streichen.

Wissenschaftlerinnen und Lehrende stören sich zunehmend daran, dass immer wieder Normen im Gesetz festgelegt werden, die an sich Bildung und Wissenschaft begünstigen sollen, aber durch viele Einschränkungen faktisch unbrauchbar und unverständlich werden und eher Verwirrung als Rechtsklarheit schaffen. Das Bundesministerium der Justiz meint offenbar, den Interessen der Verlagswirtschaft auch im Urheberrecht weiter Rechnung tragen zu müssen. Aber das Urheberrecht soll die Urheber begünstigen, nicht die Wirtschaft. Urheber sind in der Wissenschaft immer auch Nutzer; die kommerzielle Verwertung ihrer Werke interessiert sie im Allgemeinen kaum.

Bildung und Wissenschaft brauchen eine umfassende Bildungs- und Wissenschaftsschranke und eine Priorität der Rechte der AutorInnen gegenüber den Vertragsbedingungen der Verwerter. Das Herumdoktern am bestehenden, unzeitgemäßen Urheberrecht führt nicht zu nachhaltigen Lösungen.

Das Aktionsbündnis hat das Bundesministerium der Justiz aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass alle Stellungnahmen zu dem Referentenentwurf öffentlich zugänglich gemacht werden – es sei denn, jemand widerspricht dem ausdrücklich.

Die Stellungnahme des Aktionsbündnisses (auch zu den verwaisten Werken) an das Bundesministerium der Justiz unter: http://www.urheberrechtsbuendnis.de/stellungnahme-verwaistewerke-2013-03.html

Aktionsbündnis „Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft”
V.i.S.d.P. Prof. Dr. Rainer Kuhlen (Sprecher)


Hintergrund: Im 2004 gegründeten Aktionsbündnis „Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft“ sind neben den sechs großen Wissenschaftsorganisationen Fraunhofer-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft, Hochschulrektorenkonferenz, Max-Planck-Gesellschaft, Leibniz-Gemeinschaft und Wissenschaftsrat 372 Fachgesellschaften, Verbände und Institutionen sowie 7300 persönliche Unterzeichner der „Göttinger Erklärung zum Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft“ zusammengeschlossen.

Weitere Informationen zum Themenkomplex des Urheberrechts für Bildung und Wissenschaft bietet auch die Plattform IUWIS.

Nächste Termine
6. November 2020
Jahrestagung des Aktionsbündnisse (online)
Ein Status-Überblick zum Urheberrecht — national und in Europa
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News  
6. April 2021 §

Das Aktionsbündnis nimmt zum „Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes“ Stellung.
Stellungnahme vom 6. April 2021 zum Gesetzentwurf.
Stellungnahme vom 22. Februar 2021 zum Gesetzentwurf.
Stellungnahme vom 6. November 2020 zum Referentenentwurf.

7. Oktober 2020 Buch Kuhlen

Bei de Gruyter erschienen:
Rainer Kuhlen, „Die Transformation der Informationsmärkte in Richtung Nutzungsfreiheit — Alternativen zur Als-ob-Regulierung im Wissenschaftsurheberrecht“.
Online unter DOI: 10.1515/9783110693447

28. Februar 2018 auf ein Neues...

UrhWissG tritt in Kraft — kein ganz großer Wurf, aber doch größere Rechtssicherheit und einige Verbesserungen
(Pressemitteilung).

20. November 2017 Jahrestagung

Alle Vorträge unserer Jahrestagung vom 8. November 2017 sind online verfügbar:
(Vorträge).

7. Juli 2017 Paragraphenzeichen

Die Urheberrechtsreform (UrhWissG) ist durch — Erleichterung, aber kein Grund zum Jubeln
(Pressemitteilung).

26. Juni 2017 Pusteblume

Ein Appell an den Bundestag: Das UrhWissG muss in dieser Legislaturperiode ohne Einschränkungen verabschiedet werden.
Das Aktionsbündnis fordert die beiden Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU und SPD, Volker Kauder und Thomas Oppermann, auf, den Regierungsentwurf für das Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz für die Abstimmung im Bundestag freizugeben, und dann die Mitglieder des Bundestags, dem Gesetz ohne Einschränkungen zuzustimmen.
(Pressemitteilung).

22. Mai 2017 Spielplatz

FAZ, diesen Kampf kannst Du nicht gewinnen — Verzerrter Journalismus in Sachen Urheberrecht durch Herausgeber und Geschäftsführer der FAZ
Das Aktionsbündnis kritisiert den offenen Brief der Herausgeber und Geschäftsführer an den Bundesrat vom 12.5.2017 und den vom 18.05.2017 an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Durch diese Schreiben versuchen die „Macher“ des Blattes Druck auf die Gesetzgebungsorgane auszuüben. Dieses Verhalten kann man gelinde gesagt nur als ungewöhnlich und äußerst bedenklich bezeichnen.
(Pressemitteilung).

10. Mai 2017

Der Bundesrat sollte sich nicht von den Untergangsszenarien des Börsenvereins blenden lassen.
Wir haben in einer Stellungnahme an den Bundesrat diesen aufgefordert, den Gesetzesentwurf zum „Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz — UrhWissG“ anlässlich seiner Plenarsitzung am 12. Mai 2017 nicht aufzuhalten, sondern im Prinzip zu unterstützen.
(Pressemitteilung)


27. April 2017 schlechter Weg

Die Zeit drängt: Bildung und Wissenschaft brauchen eine Reform des Urheberrechts!
Wir unterstützen weiter den vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf für eine Reform des Urheberrechts, jedoch bedauern wir die Verschlechterungen des Regierungsentwurfs im Vergleich zum Referentenentwurf.
(Pressemitteilung).

23. Februar 2017

Petition zur Unterstützung des Referentenentwurfs zur Reform des Urheberrechts
Unterstützen auch Sie diese Petition auf change.org!
(zur Petition)


14. Februar 2017 fake-news

Wir machen darauf aufmerksam, dass auf der Website www.publikationsfreiheit.de versucht wird, die Öffentlichkeit und insbesondere die Autorinnen und Autoren in Bildung und Wissenschaft mit unzutreffenden Behauptungen zugunsten von Verlagsinteressen zu manipulieren.
(Pressemitteilung).

24. Januar 2017

Der Weg ist noch nicht zu Ende — aber die Richtung stimmt
Das Aktionsbündnis sieht im Referentenentwurf des BMJV für ein „Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz — UrhWissG“ einen wichtigen Schritt in Richtung eines bildungs- und wissenschaftsfreundlichen Urheberrechts.
(Pressemitteilung)


21. Dezember 2016 ABWS

Der Weg zu der Einen Allgemeinen Bildungs- und Wissenschaftsschranke (ABWS) sollte nun frei sein — Gehen Sie voran, Herr Maas!
(Pressemitteilung).

15. Dezember 2016LMS in Deutschen Hochschulen

KMK, VG Wort und HRK müssen endlich Klarheit schaffen
Die gemeinsame Pressemitteilung von KMK, VG Wort und HRK vom 9.12.2016 sorgt in den Hochschulen weithin stark für Verunsicherung und Verwirrung. Was soll tatsächlich ab dem 1.1.2017 mit den elektronischen Semesterapparaten geschehen? Weiter wird derzeit gelöscht bzw. Texte auf unsichtbar gestellt. Es besteht Handlungsbedarf!
(Pressemitteilung)


12. Dezember 2016 Paragraphenzeichen

Und sie scheinen sich doch noch bewegen zu können – KMK und VG-Wort. Und die Hochschulrektorenkonferenz ist jetzt an Bord. Wie die Übergangsregelung ab Anfang 2017 aussehen soll, ist jedoch noch unklar. Schuld an dem jetzigen offensichtlichen Desaster um den Rahmenvertrag zu § 52a UrhG ist letztlich die unerträgliche Verzögerungstaktik der Politik.
(Pressemitteilung).

22. November 2016faul

Empfehlung zum Umgang mit § 52a UrhG im Kontext des Rahmenvertrags zwischen KMK und VG-Wort veröffentlicht.
(Pressemitteilung)


16. November 2016 Breif an den BMJV

Offener Brief an den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas: „Bitte lassen Sie den Schleier von diesem verdeckten Objekt [dem Entwurf einer Bildungs- und Wissenschaftsschranke im Urheberrecht] wegreißen! Der Öffentlichkeit ist das Spiel mit Andeutungen nicht länger zuzumuten.“
(offener Brief).

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Publikationen
Jahrestagung Vorträge der Jahrestagung vom 8. November 2017 online verfügbar:

publication Was wissen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über ihre Urheberrechte, wie handeln sie, und was wünschen sie?
Studie im Auftrag des Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft e.V.

publication Folder mit unserem Empfehlungen zum Umgang mit dem Rahmenvertrag zwischen KMK und VG-Wort zu § 52a UrhG
Version: 22. November 2016
Format: A4 duplex

publication Folder mit den aktuellen Forderungen
Version: August 2015 — größere Stückzahlen zur Auslage können Sie bei uns anfordern.

publication Folder zur Allgemeinen Bildungs- und Wissenschaftsklausel
Version: August 2015 — größere Stückzahlen zur Auslage können Sie bei uns anfordern.

publication Folder zum Zweitöffentlichungsrecht für wissenschaftliche Artikel
Version: Juli 2015 — größere Stückzahlen zur Auslage können Sie bei uns anfordern.

publication Information als Vitamin für Innovation: Schranken oder Lizenzen für Forschung und Lehre?
Zusammenstellung zur Jahrestagung am 10. Oktober 2013

publication Breite Unterstützung für eine umfassende Verbesserung des Urheberrechts für Bildung und Wissenschaft
Auswertung einer Befragung und politische Konsequenzen, September/Oktober 2011

Wichtige Links
facebook Facebook-Auftritt des Aktionsbündnisses

Das IUWIS Projekt entwickelt Social-Network mit Informationen zum Urheberrecht in Bildung und Wissenschaft.

zuletzt geändert am 9. 01. 2015Stand des Newsdienstes: 6. 04. 2021